Richard Müller-Freienfels:
"Es leben in jeder Seele sozusagen viele Individualitäten der Möglichkeit nach, deren jede sich ihren Ausdruck schaffen kann. Das offenbart sich am besten im Schauspieler, dem übrigens auch nicht alle Rollen gleich "liegen", der auch nur solche Masken gut durchführen wird, für die irgendwelche seelischen Voraussetzungen bei ihm bestehen. Man kann sich auch im Leben nur maskieren in Rollen, für die seelische Möglichkeiten vorhanden sind; nur dann wirkt die Maske "echt". Gewiss gehen manche Menschen auf einen Maskenball in einem Kostüm, das sie durch Zufall bekommen: man merkt dann jedoch sofort, dass diese Maske zu dem anderen nicht "passt", und schon diese Wirkung setzt voraus, dass es echte und unechte Maskeraden gibt, insofern bei der echten Maske eine Beziehung, wenn auch abnormer Art, zwischen Ich und Maske vorausgesetzt wird. Man hat sogar gesagt, um einen Menschen wahrhaft kennen zu lernen, müsse man sie auf einem Maskenball beobachten. Das hat den tieferen Sinn darin, dass die Menschen sich als Maske gern des Ausdruck wählen, wozu sie wohl die seelischen Voraussetzungen in sich tragen, ohne im übrigen Dasein sie ausleben zu können. Das Verhältnis ist eben das des Kontrastes, der ja niemals bloß zufällig ist, sondern eine übergreifende Einheit voraussetzt. Man beobachte einen Bekannten nur bei Maskeraden, und man wird bald diese innere Bezüglichkeit echter Masken erkennen."
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