Mittwoch, 27. Februar 2019

Erlebnisunfähigkeit:

Ich las einmal in einem Buch, das vor einiger Zeit in den ewigen Jagdgründen meiner Bücherregale verschwand, dass bei manchen Personen für manche Erlebnisbereiche schlichtweg keine "Rezeptoren" vorhanden sind. D.h. manchen Personen sind manche Erlebnisse nicht zugänglich. (Vielleicht lässt sich sogar behaupten, dass für eine jede Person spezifisch eigene Erlebnisbereiche existieren, die ihr nicht zugänglich sind.) Ein hochgradig unmusikalischer Mensch wird z.B. kaum je vollen Zugang zu Beethovens Werken haben. Auch wenn er sich drei Monate lang tagtäglich dreieinhalb Stunden mit diesen Werken berieselt. Es finden sich da schlichtweg keine "Rezeptoren" für das musikalische Erleben, kein voller Zugang zum Erleben. Es gehört mit zu den verblüffendsten Ereignissen, wenn man an einem Mitmenschen in einer gegebenen Situation eine völlig andere Reaktion beobachtet als man sich erwarten würde, nämlich einfach keine Reaktion, die Abwesenheit einer Reaktion, das völlige Abhandensein jeglicher Rezeptivität für ein bestimmtes Erlebnis.

[Siehe auch: William James on Attention]

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